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„Domenica - ein Leben das nicht reicht“, so ist der Titel der kleinen Ausstellung über die namhafte Dame, welche heute in Hamburg St.Georg eröffnet wurde. Liebevoll wurden die Bilder und kurzen Texte über Domenica zusammengetragen und sind im Stadtteilbüro (Hansaplatz 1) zu besichtigen. Es hat mich wieder einmal fasziniert, wie viel Kampfgeist in dieser Frau steckte, und wie viel sie bewirkt hat.
Interessant ist aber auch die andere Seite ihres Werdeganges, denn ihr Engagement wurde von den Kolleginnen nur selten honoriert. Ja, sie wurde sogar geschnitten und von Mit-Huren verprügelt.
Sie war eine starke und mutige Frau. Und das ist es, was ich mir für viel mehr Frauen wünsche - nicht nur für Anschaffende.
Im Hamburger Bahnhofsviertel, St.Georg, gibt es natürlich einen großen Bezug zu Domenica als Sexworkerin. Hier herrscht Straßenprostitution vor. Der Drogenstrich tritt zwar immer mehr in den Hintergrund, doch auch diese Frauen und Männer finden sich in den Gassen rund um den Hansaplatz. In der letzten Zeit ist ihre Arbeit durch gesetzliche Restriktionen stark erschwert worden. Zum einen ist die Straßen-Prostitution dort jetzt verboten. Die Damen und Herren gehen jedoch trotzdem ihrer Arbeit nach.
Die Polizei ist recht entspannt und beläßt es bei Verwarnungen.
Noch!
Des weiteren werden nun die Freier mit einem Bußgeld belegt, wenn sie eine Frau ansprechen. Das soll deshalb gemacht worden sein, weil angeblich ehrbare Frauen auf dem Weg durch den Stadtteil belästigt wurden. Als Anwohnerin kann ich sagen, dass dieses Ansprechen durchaus Mal vorkommt - ca. 1x pro Jahr. Das finde ich hinnehmbar. Von Dauerbelästigung kann dabei nicht die Rede sein.
Meiner Meinung nach sollten die anschaffen Damen hier in diesem Stadtteil bleiben. Sie gehören hier her. Ein Verbot würde sie in entlegene Industriegebiete abdrängen, wo sie schutzlos der dunklen Nacht und der Einsamkeit ausgeliefert sind.
St.Georg verliert sein Gesicht, wenn hier alles aalglatt wird wie in anderen schicken Stadtteilen.
Marketingtechnisch könnte man sogar sagen, dass sich der Lokalkolorit mit einer Mischung aus schicken Bars, zentraler Lage, Altbaubestand und leichtem Schmudel-Image super verkaufen läßt.
Doch das sieht der Hamburger Senat und auch einige Neuzugezogene anders. Ein kritisches Streitgespäch zu diesem Thema ist in einem interessanten TAZ-Interview zu lesen:
Den Kampf gegen die Mühlen der Gentrifizierung des Stadtteils hat sich u.a. Ragazza auf die Fahne geschrieben. Ragazza ist eine Anlaufstelle für drogenkonsumierende Prostituierte. Ihre Räumlichkeiten befinden sich direkt vor Ort, so dass die Frauen sich dort ausruhen, aufwärmen und auch beraten lassen können.
Kehren wir nun zurück zum Thema Ausstellung über Domenica. Was mich begeistert hat, ist dass es so viele Organisationen in Hamburg gibt, die sich für die Prostituierten engagieren. Alle hatten sich zusammengetan um die Domenica-Dokumentation zu ermöglichen. Besonders rege erscheint mir dabei auch die Gewerkschaft ver.di, bei denen ich natürlich Mitglied bin. Ich will jetzt nicht auch noch in dieses Thema abdriften, aber was mich erstaunt hat, ist dass ver.di ein Mitarbeiterin hat, die mit Feldstudien im Rahmen des Themas Prostitution beauftragt wird. Die sehr engagierte Emilija Mitrovic, die gemeinsam mit StudentInnen der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg forscht, durfte ich heute Abend kennenlernen. Sie zeigt weit mehr als berufliches Interesse, und ist eine Frau, die was bewegen will - genau wie Domenica.
NACHTRAG:
Emilija Mitrovic ist im Alter von 67 Jahren verstorben. Ich kannte sie persönlich und wir wohnten im selbsten Szadtteil in Hamburg. Ihr Tot hat mich sehr bewegt, denn ich hätte so gerne noch viele Aktionen mit ihr gemein gemacht.
-> https://taz.de/Nachruf-auf-Emilija-Mitrovic/!5707111/
Emilija Mitrovic Studie, Arbeitsplatz Prostitution -> https://www.socialnet.de/rezensionen/5664.php
Infos zur Beratungsstelle Ragazza -> http://ragazza-hamburg.de/