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Familienministerin Schwesig klagt: „Für jede Pommesbude gelten strengere Regeln als für Bordelle.“ (1) Das führt ihrer Meinung nach dazu, das Puffs wie Pilze aus dem Boden schießen und ein Eldorado für Menschenhändler bieten...
Nun, auf den ersten Blick hat die Ministerin sogar Recht, denn eine Pommesbude muss sich an die Gaststättenregelungen halten, während es für ein Bordell kein eigenes gewerberechtliches Regelwerk gibt.
Ja, aber Pommes sind Nahrungsmittel, und für solche gelten strenge Gesetze, die teilweise auch absurd sind, was aber hier nicht diskutiert werden soll. Für Bordelle gibt es, wie gesagt, keine speziellen gewerbe-, hygiene- oder baurechtlichen Paragraphen. Das gibt es für Schuhgeschäfte, Taxischulen, Hauspflegestationen, usw. aber auch nicht. Es gelten dort die üblichen Regeln, die für alle Gewerbe in Frage kommen.
Aber Bordelle sind eben anders.
In etlichen Bundesländern können Bordellbetreiber/innen ihr Etablissement gar nicht beim Gewerbeamt anmelden und werden entweder in die Grauzone geschoben oder als Zimmervermietung gelistet. Das ist rechtlich nicht korrekt, denn seit dem Prostitutionsgesetz ist unser Tätigkeit nicht mehr sittenwidrig und somit ist auch der Betrieb eines Bordells (sogenannter Prostitutionsstätte) erlaubt. Aber auf Länderebene wird das ProstG (wie es so herrlich abgekürzt wird) gerne Mal ignoriert.
Wie macht man denn nun alles richtig, wenn man ein Bordell aufmachen will?
Bevor man überhaupt auf die Idee kommt zum Gewerbeamt zu gehen, müssen noch ganz andere Hürden überwunden werden.
Es muss ein Vermieter gefunden werden, der SOWAS in seinen Räumlichkeiten zuläßt. Das ist schon viel verlangt, denn ein Bordell gilt nicht gerade als Aufwertung für eine Immobilie. Nein, es wird durch unsere Branche der sog. Trading Down Effect ausgelöst, was den Marktwert des Hauses mindert. Sollte man trotzdem einen Besitzer einer Gewerbeimmobilie finden, der das alles ignoriert oder sogar gut findet, dann kann man sich glücklich preisen, wenn nicht die dreifache Miete verlangt wird. Kommt sehr oft vor. Naja, irgendwie muss das Risiko, dass die anderen Mieter ihr Entgelt mindern ja gedeckelt werden... Diese Problem habe ich mit der Pommesbude nicht.
Sollten sich Mieter und Vermieter tatsächlich einig werden, dann kann man nur hoffen, dass sich die Immobilie im sog. stadtplanerischen Kerngebiet befindet.
Was das ist?
Kerngebiet ist ein verdichtetes Mischgebiet, also mehr Gewerbe als Wohnen.
Auch dieses Problem hat die Pommesbude nicht, denn die dürfen stadtplanerisch gesehen überall eröffnen.
Kerngebiete sind in Städten aber gar nicht so häufig anzutreffen. Und wenn, dann sind das oft so schöne Adressen wie Berlin Friedrichstraße oder Düsseldorf Königsalle oder Hamburg Mönckebergstraße. Dass die dortigen Vermieter nicht so wirklich gerne an ein Bordell vermieten, ist leicht vorstellbar.
Außerdem hat die Behörde zur Vereinfachung fast überall schon vorgesorgt und in solchen Straßen die Prostitutionsstätten ausgeschlossen.
Theoretisch dürfte ein sog. "stilles Gewerbe" auch im Mischgebiet aufmachen. Also, stilles Gewerbe wäre ein Bordell, welches von außen nicht als solches zu erkennen ist und super diskret arbeitet. Also, eine Betriebsstätte, von der keine störenden Umgebungseinflüsse zu erwarten sind. Dies betrifft ziemlich viele der Arbeitsstätten in der Branche, denn terminwohnungen oder kleine Wohnungsbordelle sind in der Mehrzahl.
Pommesbuden sind dagegen ja immer herzlich willkommen.
Wie findet man denn nun ein Kerngebiet? Übersichtskarten gibt es dazu zwar, aber um diese lesen zu können müßte man fünf Jahre Stadtplanung studiert haben. Die Beamten selber tun sich auch oft schwer. Also, Kerngebiet ist da wo Spielhallen sind, wurde mir von der Baubehörde als Tipp gegeben.
Man sollte sich aber nicht von dem Irrglauben leiten lassen, dass dort wo viele Spielhallen sind, die Genehmigung für ein Bordell ein Selbstgänger wäre. Nein, das kann dann schon Mal angelehnt werden, denn zu viele Vergnügungsstätten auf einen Haufen darf es ja auch nicht geben.
Allem voran muss man sich natürlich schlau machen, wo denn in der betreffenden Stadt das Sperrgebiet für Prostitution ist.
In München z.B. sind über 95% des Stadtgebietes Soerbezirk. Skandal um Rosi läßt grüßen.,
In allen Gemeinden unter 20.000 EW ist die Prostitution eh verboten (außer in Niedersachsen) und bis 50.000 EW nur mit gesonderter Genehmigung.
Pommesbuden gibt es dort aber sehr wohl. Vom ernährungs-wissenschaftlichen Standpunkt her wäre ja eine Sperrzone für Fastfood-Restaurants rund um Schulen durchaus Mal zu diskutieren, oder?
Wer dran denkt, eine Immobilie zu kaufen, um endlich sein Bordell aufmachen zu können, muss dann sehr wahrscheinlich das komplette Haus kaufen und nicht nur die betreffende Gewerbeeinheit. Ansonsten haben die restlichen Eigentümer mit großer Wahrscheinlichkeit das Verbot von Prostitutionsstätten in die Teilungserklärung aufgenommen. Fairerweise muss ich zugeben, dass es auch Teilungserklärungen gibt, die gastronomische Betriebe ausschließen, also Pommesbuden. Und Kindergärten auch.
Sollte der unwahrscheinliche Fall eintreten, und man findet einen vermietungswilligen Eigentümer mit einer Immobilie, die auch noch im richtigen Gebiet liegt, dann muss ein Baunutzungsänderungsantrag bei der Baubehörde gestellt werden. Solch einen Antrag müssen alle stellen, die ein Gewerbe aufmachen in Räumen, wo zuvor was ganz anderes drin war. Wer also ein Schuhgeschäft in Räumen eröffnen will, wo zuvor ein anderes Verkaufsgeschäft war, der kommt um diese Antragsstellerei drum rum. Wenn dort zuvor aber ein Physiotherapeut war, müßte das Verfahren durchlaufen werden.
Zumeist wird dies aber ignoriert oder gar nicht gewußt, und die Läden machen einfach so auf.
Das Bauamt verfügt nicht über das notwenige Personal um dies alles zu kontrollieren. Und passieren tut einem somit eigentlich nichts. Man höre und staune, aber das ist wirklich gängige Praxis. So ist es bisher auch, wenn man einfach so ein Bordell aufmacht. Es passiert nichts, bis sich einer beschwert.
Ja, Frau Schwesig, dann sorgen sie doch Mal dafür, dass die Bauämter mit ausreichend Personal bestückt werden, um die dann zu erwartenden ganzen Baunutzungsänderungesanträge zu bearbeiten und zu prüfen.
Um diesen Baunutzungsänderungsantrag zu stellen benötige ich zunächst eine Bescheinigung meines Vermieters, dass ich die Räume umnutzen darf zum Zwecke der sexuellen Dienstleistungen.
Nein, es macht keinen Sinn seinen Vermieter anzulügen und zu sagen, man würde ja „nur“ Massagen anbieten.
Prostitutionsstätte muss im Mietvertrag stehen - sonst braucht man gar nichts einreichen beim Bauamt.
Weiterhin benötigt man einen Architektenplan und eine Statik für sämtliche Umbauten, wo jedes Möbelstück eingezeichnet sein muss. So was kostet schon Mal diverse 1.000 Euro bei einem kleinen 3-Zimmer-Bordell. Ein Bandschutzgutachten verschlingt weitere ca. 1.000-5.000 Euro und die restlichen 25 Sachen, die noch gefordert sind kosten einige Mühen bei der Besorgung. Dies alles reicht man dann beim zuständigen Bauamt ein.
Dabei sollte man dringend bei der Abgabe darauf achten, dass der entgegenehmende Pförtner einen Datumsstempel drauf tut, denn ohne diesen kann des Verfahren ewig dauern. Mit dem Stempel muss es in rekordverdächtigen zwei Monaten abgeschlossen sein.
Am allerbesten ist es, wenn die Papiere gleich bei der zuständigen Person abgegeben werden. Diese haben in der Regel nur an einem einzigen Tag der Woche für 3-4 Stunden Sprechzeit. Dringend abzuraten ist, an einem anderen Tag zu versuchen, dort vorzusprechen. Sollte es tatsächlich gelingen in die heiligen Flure der Baubehörde vorzudringen, dann wird dieser Regelverstoß sicher nicht die Motivation der zuständigen Person erhöhen, ihren Antrag positiv zu bescheiden.
Nun heißt es WARTEN. In dieser Zeit dürfen die von ihnen anvisierten Räumlichkeiten nicht genutzt werden.
Das freut den Vermieter natürlich sehr, denn er bekommt ja noch keine Miete. Und er weiß noch nicht Mal, ob er denn überhaupt jemals Miete bekommt, denn das ganze Unterfangen könnte ja durchaus auch abgelehnt werden.
Die Baubehörde prüft die Sachlage rein baurechtlich. Das hat nichts mit Emotionen oder Moral zu tun. Das ist schon Mal gut.
Ansonsten stößt man überall auf Ablehnung und hat Glück wenn man erklären darf, dass man ja nicht vor hat osteuropäische Zwangsprostituierte zu beschäftigen, und dass man immer brav die Steuern zahlt und die Polizei somit sicher nicht dauernd mit Blaulicht- und Sirenengeheul Razzien bei einem machen wird, und dass man mit ca. 3-5 Gästen pro Tag rechnet und nicht mit Heerscharen von im Treppenhaus wichsenden Kunden, die außerdem im Flur Kinder und Omis ansprechen und belästigen und außerdem dauernd falsch klingeln... Und dass du auch keine Kontakte zu Zuhältern und Hells Angels unterhältst....
Ja, alles total einfach. Liebe Frau Ministerin Schwesig, ich selber suche seit 1,5 Jahren nach Räumen für ein Dominastudio in Berlin. In der Zeit hätte ich schon eine Pommesbudenkette eröffnet.
Zitat:
1) Zeit-online, 9. April 2014 -> LINK - http://www.zeit.de/politik/deutschland/2014-04/bordell-gesetz-schwesig