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Ich kam rein und fühlte mich sofort wohl. Es war nicht nur die warmherzige Begrüßung durch das Inhaber-Duo. Es war dieses gewisse Etwas, was in seltenen Fällen vorkommt und einem schon beim Betreten des Lokals das Gefühl gibt, genau richtig zu sein. Dieses Gefühl willkommen zu sein. Dieses Gefühl, als ob man schon seit Jahren dort ein und aus geht. An solchen Orten muss man als Gast nicht perfekt sein und sich an ungeschriebene Regeln halten, sondern man darf sein wie man eben ist. Ja, man darf sich einfach wohl fühlen.
So war es für mich als ich die Bar des neu eröffneten Bordells Hot Cat betrat. In liebevoller Kleinarbeit haben die beiden Inhaber den heruntergekommenen Laden aufgepäppelt. Wer Designermöbel erwartet, ist bei Sibel und Mario falsch.
Dort gibt es sehr zweckmäßige und schlichte Einrichtung. Echte Puff-Atmosphäre vom alten Schlage.
Mein Rotlicht-Fetisch fühlte sich wie Zuhause. Die Zimmer sind groß wie eine Hutschachtel. Kein überflüssiger Firlefanz. Alles Basic. Und genau das mag ich irgendwie.
Eine Bett, ein Stuhl, ein Waschbecken. Was braucht man mehr?
Irgendwie cool. Die obligatorische Lichterkette. Das obligatorische Handtuch auf dem Bett in typischer Bordell-Schmetterlings-Faltung. Das obligatorische Dämmerlicht. Die obligatorische Zewarolle.
Alles sehr einfach aber sauber.
Die beiden Inhaber passen nur bedingt in das typische Bordellbild. Kein muskelbepackter, Lederjacken und Goldkettchen tragender Glatzkopf und keine abgehalfterte, heftig geschminkte Dame mit künstlichem Atombusen. Nein, Sibel ist eine sehr sympathische, bodenständige Mittfünfzigerin mit dem Herzen am rechten Fleck. Sie hat schon viel erlebt und sogar studiert. Zuletzt listet ihr bunter Lebenslauf auf, dass sie in einem Bordell in Charlottenburg als Empfangsdame gearbeitet hat. Ihre Erlebnisse könnten ein Buch füllen.
Sie wollte aber was Eigenes machen und sowohl Kunden als auch den Frauen ein Wohlfühlklima bieten. Besonders wichtig sind ihr faire Konditionen. Das gefällt mir natürlich sehr.
Ihr Kompagnon, Mario, räkelt sich hinter dem Tresen als ob er sein Leben lang auf diesen Einsatz gewartet hat.
Die Bar gehört zwar zum Bordell, ist aber offen für jeden, der einfach Mal ein Bierchen oder Sektchen in gediegener Atmosphäre genießen will. Es ist diese Mischung aus verrucht und ungekünstelt.
In der Gegend wird ja sonst auch nicht so viel geboten. In Fußnähe zur S-Bahn Tiergarten und dem Flohmarkt an der Straße des 17.Juni. In mitten der Smart-City. Ja, man müßte eigentlich sagen, dass das Gebäude von Mercedes umzingelt ist. Der Häuserkampf der Besitzerin kann lange Geschichten erzählen. Mich erinnert das Haus an Asterix und Obelix und ihr gallisches Dorf, dass stolz als einziges gegen die Römer trotzt.
Die Außenfassade des Hauses läßt etwas zu wünschen übrig, sticht aber wohltuend aus dem Prunk und den Glasfassaden des umgebenden Autoherstellers heraus. Die Krone wird dem ganzen aufgesetzt durch das blinkende OPEN-Schild des Hot Cat. Rötliches Licht von innen und von außen die Silhouette einer Stiefelfrau als Fensterbild. Ein wunderbares Stilleben.
Haben sie keine Scheu. Treten sie ein. Schauen sie sich alles an. Sie dürfen auch nur was trinken. Jeder ist herzlich willkommen. Und grüßen sie von mir.
Das Hot Cat existiert leider nicht mehr.
Wer aber das "gallische Dorf" anschauen möchte, dem sei hier die ehemalige Adresse genannt:
Englische Str. 29
10587 Berlin Tiergarten
neben Mercedes Welt