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Nein, es war nicht die Namensgleichheit, die mein Interesse weckte. Irgendwas an Kaja Weber machte mich neugierig. Die Nachwuchsjournalistin fand mich und meine Arbeit spannend und wollte quasi damit üben und einen Artikel schreiben. Ich finde das Ergebnis sehr gelungen. Leider stelle ich das hier viel zu spät online. Er ist schon fast zwei Jahre alt, und somit sind einige Punkte nicht mehr ganz so aktuell. Aber egal.
Ich wünsche viel Spaß beim Lesen und Kaja alles Gute auf ihrem Lebensweg als Journalistin.
Johanna Weber steht in der Tür ihres Studios. Vor ihr, im zweiten Hinterhof eines Gebäudes in Berlin- Tempelhof, blüht ein kleiner Garten. Auch hier sollen demnächst Sessions stattfinden können. Johanna Weber ist von Beruf Domina. Heute Vormittag hat sie einen Kurs gegeben, abends ist eine Bootstour mit Kollegen geplant. Vor dem Gespräch führt die 49-Jährige noch durch das LUX – das Studio, das sie mit zwei anderen Dominas betreibt. Weber erzählt viel und fröhlich. Sie unterstützt ihre Ausführungen oft mit Mimik und Gestik, lacht, und stellt vor allem eins klar: Sie macht ihren Beruf gerne. Und fühlt sich hier wohl.
Das LUX hat drei Arbeitsräume, die auf zwei Etagen verteilt sind: den Holzraum, der wie ein rustikales Hotelzimmer anmutet und eher für Anfänger geeignet ist. Den Stahlraum, mit leicht abwischbarem Boden und Gynäkologie-Stuhl für „klassische Sadomaso-Spiele“. Und den Roten Salon, einen kleinen Raum, der an ein herkömmliches Bordellzimmer erinnern soll. In allen Räumen stehen zwei Sessel in einer Ecke, für Vorgespräche. Dort erklären die Kunden: „Was stell ich mir vor, was bring ich mit, was muss hier passieren, damit es für mich total schön wird?“.
Im Stahlraum ist bereits alles vorbereitet für eine gleich stattfindende Session. Es läuft ruhige Musik, die Lichter sind gedämpft. Außerdem zum Studio gehören: zwei Badezimmer, ein Flur mit Kleiderstange und Regalen für Arbeitsutensilien. Auf einem sind verschiedene Masken drapiert. Im Aufenthaltsraum läuft die Waschmaschine. Um einen dunklen Esstisch herum stehen an zwei Wänden blaue Spinde.
Bei Tee und Kuchen spricht Weber über die verschiedenen Arbeitsbedingungen und Arbeitszweige der Branche in Deutschland, wie Domina-Studios, Wohnungsprostitution oder den Straßenstrich. Außerdem über die Mobilität des Arbeitens – sie selbst arbeitet in Berlin, München und der Schweiz – und das Prostitutionsgesetz von 2002, welches sie als „Meilenstein“ empfindet (wenn auch nicht richtig umgesetzt).
Im LUX gibt es bis auf die drei Betreiberinnen kein festes Personal, alle Frauen buchen selbstständig Termine und haben eigene Schlüssel. Dass die Sexarbeiterinnen sich im LUX wohlfühlen und zu fairen Bedingungen arbeiten können, sei den Betreiberinnen wichtig, schreiben sie auf ihrer Website. Den Einfluss der Mieterinnen findet man beispielsweise im Flur zum Hinterhofeingang des Studios. Die Wände dort sind noch ziemlich ungeschmückt. Auf Klebezetteln haben die Kolleginnen ihre Vorschläge für eine Umgestaltung notiert: „Spiegel“ und „Poster in groß“ steht etwa darauf.
Eine Kollegin kommt gerade an. Sie hat gleich einen Kunden, der gestern auch schon bei Weber war.
Weber gibt Tipps bezüglich Vorlieben und Mitarbeit des Kunden, die beiden vergleichen auch noch einmal kurz ihre Handgrößen („das geht bei dir, kein Problem. Lass dir Zeit.“).
Neben ihrer Arbeit als Domina ist Weber Gründungsmitglied des Berufsverbandes erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD). Heute ist sie Ansprechpartnerin in den Bereichen Politik und Presse für die Region Berlin. Seit 2015 versucht der Verband, am neuen Prostituiertenschutzgesetz mitzuwirken, welches am 01.07. dieses Jahres in Kraft treten wird. Diese Beraterfunktion ist medial umstritten. Laut Weber handele es sich um „Gesetze, die ganz wichtig aussehen, [...], die in der Praxis eigentlich überhaupt nicht umzusetzen sind.“
Weber arbeitet inzwischen seit neun Jahren als Domina. Davor war sie lange im Bereich Sportmarketing tätig. Mit der Sexarbeit selbst begann sie allerdings schon als junge Frau, während ihres Pädagogik-Studiums in Hamburg.
Und die Männer sind da vorbeigeschlichen, und die Frauen konnten dann aussuchen: ‚du nicht‘ und ‚du ja‘. Die wurden dann so angebetet. So habe ich das gesehen.“ Sie weist darauf hin, dass Alice Schwarzer dieselben Szenen auf der Reeperbahn bestimmt ganz anders wahrgenommen hätte. Die Wahrheit läge wohl „in der Mitte“. Weder wirtschaftliche Not noch ein Kindheitstrauma oder Drogenproblem seien Gründe für ihren Berufseinstieg als Sexarbeiterin gewesen. Sondern viele Faktoren wie Lust auf außergewöhnlichen Sex, Abenteuerlust und Tabubruch. Auch mit 60 werde sie noch hier sitzen.
Interview geführt von Kaja Weber
Kontakt über twitter-> https://twitter.com/Kaja_Weber