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Schon beim Namen des geplanten neuen Gesetzes, welches sich sehr melodisch mit ProstSchG abkürzt, stehen mir die Nackenhaare zu Berge. Grundsätzlich ist es natürlich zu begrüßen, dass sich Politiker:innen um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Prostitution bemühen. Der Ansatz ist dabei allerdings unglücklich.
Das aktuell von den Medien vermittelte Bild geht ja leider auch deutlich in diese Richtung.
Ich erwarte allerdings sowohl von seriösen Journalisten als auch von Politikern, dass sie sich etwas mehr mit den Themen an denen sie arbeiten, auseinandersetzen.
Die Sexarbeiterin pauschal als Opfer zu sehen, die den Schutz durch ein passendes Gesetz braucht, geht leider am Thema vorbei. Sicher gibt es problematische Fälle in unserer Branche, aber für die meisten Kolleg:innen ist gar nicht die Arbeit als Prostituierte das Problem, sondern wie die Gesellschaft damit umgeht.
Diese Stigmatisierung gälte es abzubauen. Zu einer dahingehenden Normalisierung tragen weitere Sondergesetze definitiv nicht bei, denn sie machen deutlich, dass es sich bei der Prostitution eben nicht um eine annähernd normale Betätigung handelt.
Damit widersprechen die Gesetzesmacher einem Kernziel des Prostitutionsgesetzes von 2002. Der Abbau der Stigmatisierung und mehr Rechte für Sexarbeiter:innen war damals ein gut gemeinter Ansatz, der sicher nicht in 12 Jahren zu verwirklichen ist. Das Lippenbekenntniss von damals gilt nun als ein Zeichen für das angebliche Scheitern des ProstG.
Diese hilflosen Opfer müssen nun beschützt werden. So kommt es dann auch zu dem illustren Namen ProstituiertenSchutzGesetz, welches als Ergänzung zum schon bestehenden ProstG gelten soll. Nur vor diesem leider sehr realitätsfernen Hintergrund kann man die aktuelle politische Debatte zu unserem Thema verstehen.
Der angedachte Schutz wird hier zu einem Zwangsschutz, denn die meisten Prostituierten fühlen sich gar nicht bedroht – zumindest nicht in der Art, die von einem Gesetz angegangen werden könnte. Da stellt sich eher die Frage, wer schützt uns vor unseren Beschützern.
Beim Thema Erlaubnis- bzw. Anmeldepflicht werden dann gerne zwei Sachen in einen Topf geworfen. Die Erlaubnispflicht für Bordelle ist eine gewerberechtliche Regelung, die mit der Registrierungspflicht für Sexarbeiterinnen nichts zu tun hat.
Es wird gerne von der Meldepflicht für Prostituierte gesprochen. Dabei denken dann viele, dass es sich um die Anmeldung beim Einwohnermeldeamt handelt. Aber darum geht es nicht, denn es gibt in Deutschland schon eine Meldepflicht des Wohnsitzes. Dieses gilt auch für Prostituierte. Das ist auch nicht das Problem. Es geht auch nciht umd ie Anmeldung bei Finanzamt, denn dazu sind alle Selbstständigen verpflichtet.
Bei welcher Behörde und wie das zu erledigen ist, wird den jeweiligen Bundesländern überlassen. So munkelt der Föderalismus schon von einem Prostituiertenausweis, der allerdings anonym sein soll, denn es steht nur der Künstlername drauf. Damit dann aber doch die Zuordnung erfolgen kann, ist er mit einem Foto versehen.
Nein, es handelt sich hierbei nicht um einen Aprilscherz, sondern um gut gemeinte Schutzbemühungen für Menschen, die nie gefragt werden, ob sie denn überhaupt geschützt werden wollen. Vielleicht wollen diese Menschen alles andere als noch weiter stigmatisiert werden durch einen Hurenausweis in den Handtasche.
Die Registrierung einer so hoch stigmatisierten und häufig mehrfach diskriminierten Gruppe ist unzumutbar. Sie stellt ein Risiko für die betroffenen Personen dar und erschwert einen "normalen" Alltag in unserer Gesellschaft.
Laut Aussagen einiger Politiker:innen soll diese Maßnahme das Auffinden von Menschenhandelsopfern erleichtern. Ich frage mich, wie dies in Zusammenhang steht, denn gerade Menschenhändler:innen und andere Ausbeuter:innen würden doch sicherlich als erstes ihren Opfern Ausweise besorgen. Besser können sie ihr Tun doch gar nicht legalisieren. Die Polizei betont immer wieder, dass das Hauptproblem die mangelnde Aussagebereitschaft der Betroffenen sei. Selbst auf Nachfrage behaupten diese, sie seien selbstbestimmt tätig. Was genau soll daran eine Registrierung ändern?
Was ist das für ein Schutz, wenn wir als Huren gebandmarkt werden?
Was ist das für ein Schutz, wenn alleinerziehende Kolleginnen Angst haben müssen, ihnen würde das Sorgerecht für das Kind aberkannt, weil die Behörden ja nun wissen, was sie beruflich macht?
Was ist das für ein Schutz, wenn eine in der Prostitution tätige Migrantin, die in Deutschland bleiben und leben möchte, Angst haben muss, dass ihr als Hure andere Jobs und eine gesellschaftliche Teilhabe verwehrt werden? Was ist das für ein Schutz, wenn Studentinnen, die sich durch Escort finanzieren, um ihre zukünftige Karriere bangen müssen, weil der Stempel als Nutte an ihnen prangt?
Weiterhin sollen wir Prostituierte geschützt werden durch eine Pflicht-Gesundheitsberatung. Dabei muss lobenswert erwähnt werden, dass die umstrittene Pflichtuntersuchung vom Tisch ist. Gegen eine gute berufsständige Gesundheitsberatung gäbe es im Grunde nichts einzuwenden, wenn dies denn vernünftig gemacht wird und freiwillig aus eigenem Antrieb erfolgt.
Dass wir hier von sinnvollen Regelungen weit weg sind, beweist dass die Gesundheitsämter Sturm laufen gegen die angedachte neue Bestimmung.
Sie fürchten zu Recht, dass das Vertrauen, welches sie über Jahrzehnte aufgebaut haben, zu Nichte gemacht wird. Dabei ist gar nicht die Beratung das Problem, sondern die damit verbundene Registrierung. Ohne Nachweis des Gesundheitsamtes kann die Prostituierte sich nicht bei der Meldebehörde anmelden. So ist es gedacht. Das Gesundheitsamt ist somit nicht mehr der Ort, wo gerade die sogenannten vulnerablen Personengruppen in unserer Branche sich vertrauensvoll hinbegeben und ehrlich erzählen können, dass sie jahrelang ohne Kondom gearbeitet haben. Sie müssen ja statt einfühlsamer Beratung befürchten, den dringend benötigten Stempel nicht zu bekommen.
Für Sexarbeiter/innen, die ohne Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland leben, die jünger als 18 Jahre sind oder die die Nebentätigkeit auf keinen Fall Preis geben wollen, fällt in Zukunft das Gesundheitsamt als Anlaufstelle und zur Notversorgung aus. Dies dient sicher nicht dem Schutz der Frauen.
Außerdem müßte für diesen bürokratische Akt auch noch das Infektionsschutzgesetz geändert werden. Nach § 19 sieht dieses nämlich vor, dass die Gesundheitsämter Information, Aufklärung und freiwillig und anonym wahrzunehmende Beratungs- und Untersuchungsangebote zu sexuell übertragbaren Infektionen (STI) vorhalten, ggf. auch aufsuchend. Diese Maßnahmen sind sehr erfolgreich, und haben in Deutschland nachweislich (RKI-Studien) zum niedrigsten Infektionsstand an Geschlechtskrankheiten in Europa geführt.