You may translate this Site via Google. Select your prefered language by click on the flag at the menue bar.
„Ach, jetzt wollen DIE sich auch noch organisieren...“
Bei Prostituierten spinnt die gängige Phantasie sofort ein Bild von alten, abgehalfterten Weibern, die keifend und handtaschenschleudernd durch die Straßen ziehen. Leider werden wir die Boulevardpresse weder mit den oben angedeuteten Bildern erfreuen noch barbusig und fackelschwenkend vor der Hamburger Herbertstraße posieren.
Nein, wir wollen ein anderes Bild von unserem Berufsstand zeigen - ein ehrliches und damit auch etwas langweiliges Bild.
Meiner Meinung nach geht der größte Teil, der in der Sexarbeit Tätigen diesem Broterwerb freiwillig und mehr oder weniger gerne nach. Wer geht schon immer gerne zur Arbeit?
Bei einer Prostituierten meint alle Welt, es sei ja völlig unmöglich, dass sie dies gerne tut.
Das ist ja auch ein Grund, warum die öffentliche Meinung uns immer noch aus diesem Beruf erretten möchte. Ebenso in der Welt der Vorurteile lebt die statistisch schlecht nachweisbare aber doch vermutete Milieu-Kriminalität. Und die muss natürlich eingedämmt werden, und bordellartige Betriebe (zu denen auch Domina-Studios gehören) müssen unbedingt stärker kontrolliert werden.
Die publikumswirksame Schlagzeile, dass jede „Pommes-Bude“ härtere Auflagen zu erfüllen habe als ein „Puff“, erweckt verständlicherweise den Eindruck, dass es in unserer Branche drunter und drüber geht und jeder macht was er will. Mit diesem Kenntnisstand wäre auch ich der Meinung, dass wirklich etwas getan werden muss.
Und es soll auch etwas getan werden.
Bordellartige Betriebe sollen in Zukunft eine Konzession beantragen.
Nun, im Grunde spricht ja gar nichts dagegen, wenn es denn nur darum ginge, dass ich mein Domina-Studio bei der Behörde anmelde, diese ein Mal vorbeikommen und sich den Laden anschauen und dann OK sagen. Eigentlich müßten die Beamten auch gar nicht vorbeikommen, denn sie könnten ja auf dem kurzen Dienstweg bei der Polizei nachfragen, die ja sowieso jeden Betrieb in unserer Branche von innen kennt.
Leider wird es so einfach nicht ablaufen, denn es muss ja feste Kriterien geben, die ein solches Etablissement zu erfüllen hat. Wir sind hier schließlich in Deutschland, und da muss eben alles geregelt werden. Auch da würde ich sogar noch zustimmen, wenn die Kriterien denn wirklich Sinn machen. Leider bedarf es nur eines Blickes über die südliche Staatsgrenze nach Wien, um festzustellen, dass solche Regelungen nicht dazu führen die Arbeitsbedingungen der Frauen zu verbessern. Die dortige Konzessionierung brachte mit sich, dass fast 90% der bodellartigen Betriebe schließen mußten. Es geht mir nicht darum, dass man in etlichen Fällen durch Umbauten oder sonstige Investitionen sicher die Auflagen erfüllen könnte, sondern darum, dass die Auflagen nicht an die Realität angepaßt und schlicht unsinnig sind.
Wie kann so etwas passieren?
Ist es böser Wille oder einfach nur Unkenntnis?
Ich hoffe letzteres, und deshalb müssen wir Sexarbeiter in Deutschland jetzt Aufklärung betreiben, denn die Verabschiedung des entsprechenden Gesetzes steht in unserem Lande an. Viele Sexarbeiter und auch engagierte Angestellte in den Beratungsstellen wollen zu dem Thema Stellung nehmen und in den politischen Debatten aktiv mit einbezogen werden. Das war bisher nicht der Fall. Wir wurden nicht gefragt. Und deshalb schließen wir Sexarbeitende uns jetzt zusammen, damit es eine Adresse für Fragen gibt.
Deshalb zeigen wir Flagge und wollen damit verdeutlichen, dass wir unbeschadet unserem Beruf nachgehen.
Interessanterweise meint jeder genau Beschied zu wissen, wie unsere Arbeit denn so ist.
Besonders Frauen wissen ja wie sich unser Job anfühlt, denn jede hatte ja schon Mal schlechten Sex. Dann kommt noch dazu, dass wir ja sicher nur stinkende, alte, brutale Gäste haben. Dass sich unsere Kunden für uns schick machen, uns Blumen mitbringen und sich so tadellos benehmen, geht natürlich nicht in die Köpfe rein. Nun, ich will den Job der „Hure“ nicht glorifizieren, aber es muss auch von den vielen schönen Seiten gesprochen werden. „Einen Kerl kannst du doch immer bei den Eiern kriegen...“ sagte kürzlich ein Kollegin. Und eine andere hat einen sehr aussagekräftigen Spruch auf ihrer Webseite:
„Ich genieße meinen Körper und meine erotische Ausstrahlung, meine damit verbundene, zwangsläufige Macht über den Mann und seine Leidenschaft.“
Ich habe mich in dem Spruch sofort gefunden. Die Kollegin arbeitet als klassische Prostituierte und ich als Bizarrlady. Aber im Grunde geht es doch um ein und das Selbe. Es geht um SEX
wir beleuchten nur unterschiedliche Facetten.
Wir sind CHEF!!!!!
Wir bestimmen was gemacht wird und was nicht. Und die Kunden genießen das. Der Kunde will sich doch verwöhnen und verführen lassen.
Wir haben den Mann über seine Geilheit in der Hand, und das wissen wir genau!
Ja, liebe Frau Schwarzer.
Ja, liebe Femen!
Sexwork isn´t slavery.
Sexwork ist kein Beruf wie jeder andere, aber für viele aus unserer Branche ist dies ein wirklich schöner Beruf! Und das wollen wir nach außen hin zeigen.
Und wir wollen bei den anstehenden Gesetzesänderungen konstruktiv mitreden. Wir sind interessiert am Dialog und Austausch. Bei Gesetzen, die uns betreffen, darf nicht über unsere Köpfe hinweg entscheiden werden, denn wer weiß denn wirklich was für uns gut ist.
Auch wenn dies jetzt vor meinem akademischen Hintergrund sehr ketzerisch klingt, ich bin wirklich schlicht erschüttert, wie viel über uns geredet wird aber wie wenig mit uns.
Die Gründung unseres Zusammenschlusses soll im April erfolgen, und alle in der Sexarbeit tätigen sind herzlich eingeladen.
Der Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen ist mittlerweile der größte Zusammenschluss dieser Art in Europa. Infos: https://www.berufsverband-sexarbeit.de/