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Da ich ganz passabel Russisch spreche habe ich mich als Helferin für die in Berlin Ankommenden aus den Kriegsgebieten der Ukraine gemeldet. Ich absolvierte Schichten am ZOB in Berlin und am Hauptbahnhof.
In den Telegrammgruppen der Freiwilligen warnt die Polizei regelmäßig vor fragwürdigen Menschen, die die Gefüchteten ansprechen und ihnen Unterkunft anbieten.
Die Medien sind voll von diesem Thema. Es entsteht der Eindruck, dass massenhaft Frauen und Kinder an den Bahnhöfen abgefangen und die die Prostitution gebracht werden. Es sollen dort mehr oder weniger zwielichtige Männer rumlungern, Unterschlupf anbieten und Schlimmeres im Sinn haben.
Mein persönlicher Eindruck von den Ankommenden ist, dass dort gestandene Frauen mit ihren Kindern kommen, die dir eher den Kitt aus der Brille hauen als Opfer von irgendwelchen Loverboys oder Zuhältern werden. Erstaunt war ich wie schlecht diese Menschen Englisch können, denn es wurde fast ständig nach Übersetzung gerufen.
Kommen wir nun aber zu der Frage, wie realistisch ist es, dass diese Menschen in der Zwangssprostitution landen?
Nicht, dass ich wieder falsch verstanden werde. Ja, es gibt sicher Fälle, in denen die desolate Situation der Geflüchteten ausgenutzt wird und sie zu Menschenhandelsopfern werden. Nein, ich finde das überhaupt nicht gut. Positionen die ich teile finden sich unten im Anhang. 1)
Wie immer wünsche ich mir aber eine realistische Betrachtung.
Diese Hysterie, die aktuell um dieses Thema betrieben wird, halte ich für völlig übertrieben.
Warum?
1) Die Geflüchteten aus der Ukraine sind sehr gut informiert.
Die Information über die vermeintliche Zwangsprostitution ist über Social Media und Mundpropaganda überall angekommen. Dies ist meine persönliche Einschätzung im Gespräch mit den Organisator*innen der Ankommendenhilfe am Hauptbahnhof.
Nachweislich zeigt das der Bericht über einen Busunternehmer aus Nürnberg, der mit drei Bussen Hilfsgüter an die polnisch/ukrainische Grenze gefahren hat und auf dem Rückweg Geflüchtete mitnehmen wollte in von der Stadt Nürnberg organisierte Unterkünfte. Die Menschen sind nicht mitgefahren, weil sie befürchteten in der Zwangsprostitution zu landen. 2)
2) Die Geflüchteten aus der Ukraine sind nicht mittellos
Sie haben in der Regel ausreichend finanzielle Mittel, um über die erste Zeit zu kommen. Oft haben sie Bekannte oder Verwandte zu denen sie reisen. Der Deutsche Staat unterstützt die Geflüchteten mit Geldern für den Alltag und auch für die Unterbringung.
Es ist also eine Grundversorgung vorhanden. Die Menschen müssen also nicht anschaffen gehen, um die nächsten Tage zu überleben.
3) Die Geflüchteten aus der Ukraine dürfen arbeiten
Sie erhalten sofort eine Arbeitsgenehmigung. Dies ist komplett neu, denn so viel unkomplizierte Solidarität gab es in Deutschland noch nie bei Geflüchtetengruppen. Ich bin sehr erstaunt und absolut begeistert, dass so etwas in Deutschland möglich ist.
Ohne Deutsch- oder Englischkenntnisse ist es natürlich nicht leicht einen gutbezahlten Job zu bekommen, aber die einzige Alternative zum Überleben ist nicht die Prostitution.
4) Die Geflüchteten aus der Ukraine sind gestandene Frauen
Das Bild von der unbedarften, mittellosen und traumatisierten jungen Frau, die alleine reist und sofort mit irgendeinem fremden Mann mitgeht, entspricht nicht der Realität.
Ich habe so gut wie keine alleinreisenden jungen Frauen auf dem Bahnhof in Berlin angetroffen. Es handelt sich fast immer um Familien. Natürlich sind es nur halbe Familien, denn die Männer sollen ja nicht ausreisen. Es kommen lebenserfahrene Mütter, die mit ihren Kindern - oft auch Jungendliche oder Studierende.
Es gab einige alleinreisende junge Männer, die natürlich als Verräter gelten, denn sie hauen einfach ab, statt das Vaterland zu verteidigen. Ich konnte deren Sorgen gut verstehen.
1) Links zu Meinungen und Infos für Ukrainische Geflüchtete
Positionierung des BesD dazu
-> https://www.berufsverband-sexarbeit.de/index.php/2022/08/29/eu-koordinatorin-fuer-kampf-gegen-menschenhandel-keine-erkenntnisse-dass-wesentlich-mehr-ukrainerinnen-opfer-wurden/
Bericht des kok dazu (Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel)
-> https://www.kok-gegen-menschenhandel.de/kok-informiert/news/detail/menschenhandel-und-ausbeutung-im-kontext-des-ukrainekrieges-bericht-des-kok-ukraine-projektes
Übersichtsseite der Aidshilfe für Geflüchtete
-> https://www.aidshilfe.de/ukraine-hilfen-gefluechtete
2) Link zum Zeitungsratikel aus Nürnberg
-> https://www.infranken.de/lk/nuernberg/nuernberg-ukrainische-frauen-lehnen-rettung-durch-busunternehmen-ab-nach-boesen-geruechten-art-5407671