Ausgerechnet das Bild mit dem Knebel gefiel der Journalistin und Fotografin am besten. War ja klar, denn ich hatte bei unserer Foto-Session im Berliner Fetisch-Shop McHurt ja auch so herrlich Faxen damit gemacht.
Ansonsten kann ich der Knebelei ja gar nicht so viel abgewinnen. Ich muss aber sagen, dass speziell das abgebildete Teil mich doch angesprochen hat. Das Material fühlte sich wunderbar an.... Also, bei meinem nächsten Einkauf steht das gute Stück auf der Liste. Aber ich wollte ja von dem Artikel in der Welt Kompakt erzählen.

Sie wolle einen Artikel über SM-Begeisterung und die Szene drum herum schreiben, erklärte mir die Journalistin am Telefon. Dabei solle auch der „professionelle“ Aspekt beleuchtet werden. Oh, dachte ich, das darf aber aus der SM-Szene keiner wissen, denn da wird ja gerne eine strikte Trennung vollzogen. Und das kann ich sogar verstehen.

Die junge Dame hatte damit aber kein Problem, sondern wollte sich gleich mit mir für ein längeres Interview verabreden. Irgendwas gefiel mir an ihrer Art, und so sagte ich zu.

Wir trafen uns in einem der vielen Berliner-Frühstückscafés und plauderten. Meine Interviewerin war mir sofort sympathisch und erzählte auch ein wenig über sich und ihre Beweggründe zu dem Thema des Artikels.

Nein, meine Gesprächspartnerin ist keine heimliche SMerin, aber sie brachte die nötige Neugier und Offenheit mit, die ich bei vielen Journalisten vermisse.

Sie sei in der Ausbildung bei der Axel Springer Akademie. Sie und ihre Mitschüler erstellen eigenständig Teile der Welt Kompakt. Es gibt in dieser Zeitung eine Serie mit den etwas vielsagenden Namen:

„ANDERS LEBEN - Was ist schon normal?"

Das ist eine sehr interessante Frage, die ich mir auch schon oft gestellt habe. Ist Normalsein spießig und Anderssein angesagt? Habe ich nicht sogar in meinem Intro hier auf dieser Webseite geschrieben, dass ich eigentlich ganz normal bin. Naja, mit wem vergleiche ich mich da?

Nun, im Rahmen der in der Serie beschriebenen Themengruppe, bin ich dann wohl NICHT normal.
Fein. Das ist OK.
Mir wurde erklärt, dass die Serie eben nicht Abnormalitäten aufführen soll, sondern Normen an sich in Frage stellen. Die Macher und Macherinnen wollen neutral darstellen und vielschichtig bewerten lassen.

Wir waren bei unserem zweiten Milchkaffee angelangt und ich hatte schon mein halbes Leben offen gelegt.

Mein Gegenüber meinte dann grinsend, dass sie ein wenig in ihrem Bekanntenkreis rumgefragt habe, und Handschellen hätte ja wohl jeder. Ich war ehrlich verwundert. Das hat dann wohl was mit dem Alter zu tun, denn zwischen mir und der Tischnachbarin lagen gut 20 Jahre. Ich weiß genau, das meine Altersklasse eher keine Handschellen im Nachttisch aufbewahrt. Aber die Äußerung der Jüngeren stimmte mich freudig, denn es scheint ja tatsächlich was zu passieren. Nein, ich meine nicht, dass jeder Mensch sich für bizarre Spielarten interessieren sollte, aber ich wünsche mir mehr Offenheit im Umgang mit dem ganzen Thema LUST.

In dem Artikel finde ich mich wirklich gut dargestellt. Naja, in politischen Berichten komme ich dafür ja eher schlecht weg, also ist dies nur ausgleichende Gerechtigkeit. Der Titel sagt mir allerdings nicht so zu: „Komm Baby, spiel mit mir“. Diese Wortwahl hat sicher auch wieder was mit dem Alter zu tun.

Mir ist das Wort Baby ja echt zuwider, sofern es sich nicht um ein Kleinkind handelt.

Was eine klassische Domina arbeitet, das habe ich anscheinend nicht so gut erklärt, denn ganz so krass würde ich das nicht sagen, wie es dort beschrieben ist. Aber egal.

Toll fand ich, dass die Journalistin völlig unkompliziert sich mit mir bei McHurt zum Fotos machen getroffen hat und sich alle Spielzeuge ohne Vorurteile und sehr offen angeschaut hat. Sie hat sich sehr gut auf ein für sie fremdes Thema eingelassen, und ich wünsche ihr, dass sie diese Gabe auf ihrem Werdegang in der schreibenden Zunft mitnimmt.