Auf Bordelltour in Augsburg

So einen Ausflug in der Prostitutionslandschaft sollten alle machen, die Bordelle verbieten wollen

Johanna Weber -- 15.04.2024   Themen: Politik Persönliches Studios

Johanna vor einem grauen Hochhaus mit Schild Laufhaus "Riedinger Girls" in Augsburg

Ich war noch nie länger in der Fuggerstadt gewesen, und kannte mich mit der Prostitutionslandschaft dort auch nicht aus. Die Sperrbezirksregelungen ähneln denen in München, und auch das grundsätzliche katholisch geprägte Umgehen mit dem Thema ist gleich.
Mein Vortrag über Selbstbestimmung und Zwang in der Prostitution führte mich nach Augsburg.
Nach kurzer Recherche war mir schon klar, dass sich in Augsburg anscheinend gut Geld verdienen läßt in meiner Branche. Es gibt unverhältnismäßig viele größere Bordelle und Laufhäuser. Und genau wie in München gibt es am Rande des riesengroßen Sperrbezirkes fast ausschließlich größere Prostitutionsstätten und keine oder wenige kleine Terminwohnungen.

Ich beschloss mir das etwas genauer anzuschauen und meinen Ausflug nach Augsburg nicht nur für die Veranstaltung zu nutzen, sondern um mir auch einige Bordelle anzuschauen.

Das stellte sich als eine großartige Idee raus, und ich wünschte, dass alle diejenigen, die Prostitution ausschließlich als Menschenhandel sehen und auf der Veranstaltung von 90% Unfreiwilligen sprechen auch mal so eine Bordelltour machen würden.
Es wollte sich natürlich niemand von denen anschließen.

Ich schrieb einige Bordelle an.
Das Laufhaus Erosgarden antwortete als erstes. Es sei ganz wichtig sich politisch zu engagieren und ich solle gerne vorbeikommen.
Schon die Webseite sprach mich an.
Nach meiner Laufhauserfahrung in Kiel war ich echt begeistert, wie neu und fast luxoriös das alles aussah. Dem war auch in echt so.

Ich ging rein und schaute mich erst mal um. Die Kolleginnen saßen schon morgens um 9:30 auf ihren Stühlen in den geöffneten Türen.

Zu der Uhrzeit hat in Kiel noch Tiefschlaf dominiert.
Ich stelle mich bei zwei Kolleginnen vor und quatschte ein wenig. Beide aus Rumänien. Die eine brachte mich dann ins Büro zu einem sympathischen jungen Mann, dessen Frau die Betreiberin ist. Sie hatte leider an dem Tag keine Zeit. Geimsam haben die das Etablissement nach der Übernehme komplett renoviert und wirklich alles neu gemacht.
Genial finde ich, dass es einen Wäscheservice gibt, und ich nicht alle Handtücher und Bettwäsche selber mitschleppen muss. Und das obwohl die Tagesmiete ähnlich wie in Kiel ist, und auch hier geht das Geschäft mit 50 Euro los.
Die Zimmer sind wirklich schön und die Bäder alle neu. Übernachtungszimmer sind vorhanden und eine saubere und moderne Küche. Nicht nur ich halte das für einen guten Arbeitsplatz, sondern auch die Kolleginnen.
Wie komme ich drauf?
Alle Zimmer sind ausgebucht. Das ist erstaunlich, denn üblicherweise haben Laufhäuser eher eine Auslastung von 60-70%. Aber das sind dann aber auch die großen Häuser. Der Erosgarden hat ja nur eine Etage.

Nebenan ist das Sucasa, welches sich auf der Webseite wie folgt positioniert:

„Sexarbeit ist der Begriff den wir gerne verwenden, um auszudrücken, dass unser Tun als Arbeit anerkannt werden soll. Wir lehnen den Begriff „Prostitution“ ab, weil er stigmatisiert.“

Ich hatte dort niemanden erreicht und bin einfach nur mal durchgelaufen.
Ganz anderes Konzept.
Die Frauen sitzen nicht auf Barhockern oder Stühlen in ihrem Zimmereingang, sondern die Türen sind zu. Jede Frau hat eine kleine Pinnwand, worauf sie sich durch Fotos oder auch Texte darstellen kann. Wer interessiert ist, kann dann klingeln.
Eigentlich eine schöne Idee, aber hier waren diverse Zimmer frei…

Dann ging es weiter in das Haus Edelweiß. Mir hatte auf der Webseite die bunte und heimelige Zimmereinrichtung gefallen. Alpenlook im Retrostyle. Eine sportlich, lebenslustige Frau mit rotgefärbten Haaren begrüßte mich. „Ich bin Gala,“ sagte sie lachend und schob mich in die kleine, urgemütliche Küche. Ihr Mann sei der Inhaber, aber Gala ist wirklich die Mutti für alles. Die Kolleginnen in der Puffküche scherzen freundschaftlich.

Es wird Russisch gesprochen. Prima, dann kann ich ja gleich meine eingestaubten Sprachkenntnisse wiederbeleben. Aber schon wechseln sie auf Deutsch. Die eine ist aus Kasachstan, die andere aus der Ukraine.

Das Haus ist klein und auch die Zimmer sind nicht riesig, aber ich fühlte mich sofort Zuhause. Und das ist das Wichtigste. Galas kreatives Händchen bei der Zimmereinrichtung trägt natürlich viel dazu bei.
Und die Kaffeemaschine ist echt eine Wucht.
Politische Arbeit ist super wichtig, sagt Gala, sie hätte früher sich auch engagiert, aber jetzt sei einfach keine Zeit mehr dazu. Sie wolle mich aber unterstützen, wo sie könne.
Und wieso sie aktuell keine Zeit hat, stellte sich kurz später raus. Sie und ihr Mann verfrachteten mich mit samt meinem Klapprad in ihr Auto und führen mit mir gefühlt durch die halbe Stadt.
Sie wollten mir was zeigen.
Das Edelweiß sei ja fast immer ausgebucht, und sie müßten oft Frauen ablehnen. Und nun hätten sie sie Chance gehabt ein größeres Bordell zu übernehmen. In der Ulmer Straße hielten wir vor einem unscheinbaren dreistöckigem Gebäude.

Puhhhh, da haben die beiden sich aber was vorgenommen.

Die Bude ist echt etwas heruntergekommen, aber total spannend als Location. Super viele Zimmer, viele Ecken und Treppchen, sogar ein kleiner uneinsehbarer Innenhof mit Garten und ramponiertem Springbrunnen… da ist super viel Potential, und der Mut der beiden imponierte mir.
Gala hatte schon angefangen in den Zimmern Möbel nach ihrem Geschmack aufzustellen. Kleinanzeigen-Portale sind ja ihre Fundgrube. Sie hat wirklichen einen guten Riecher für Fundstücke. Das romantische Rosenzimmer haben sie und ihr Mann extra vom Bodensee geholt. Und Gala steht auf antike Spiegel. Da hat sich schon einige Stücke zusammengekauft. Es verspricht toll zu werden dort.
Allerdings gibt es noch einige Behördenangelegenheiten zu erledigen. Das zieht sich leider noch alles, und wie so oft dauert das länger als die Komplettsanierung und Einrichtung. So wissen die beiden Wagemutigen nicht, wann sie eröffnen dürfen.
Wir hoffen, dass zur Aktionswoche im Juni schon was gezeigt werden kann, denn die beiden würden sich gerne beteiligen.

Welches ist denn der größte Laden in Augsburg?

Ich wollte ja meine Bordelltour nicht abschließen ohne auch dort gewesen zu sein, und so frage ich Gala. „Die Riediger Straße“, kam es gleich von ihr. Hier in Augsburg werden die Bordelle nicht mit Namen genannt, sondern nach Straßen. Das hatte ich ja schon gelernt, denn ihre neue Location ist einfach „Ulmer Straße“. Einzig das Sucasa und der Erosgarden werden mit Namen bezeichnet, denn die sind ja beide direkt nebeneinander. Da geht das mit der Straßenbezeichnung nicht.
Galas Mann meinte dann gleich, dass sie mich in der Riedinger Straße rumfahren würden.
Gesagt getan.

Ein riesen Laufhaus mit 2 Eingängen und x Etagen? Ich weiß nicht, ob es 6 oder 7 waren. Auf jeder Etage sind aber nur 2 Zimmer. Das heißt, die Kundschaft macht Sport, wenn sie beide Eingänge ablaufen wollen.

Ganz oben rechts ist jeweils eine Trans. Und es steht fett an der Tür „Ab 100€“

Zufällig kam der Betreiber gerade raus und wollte wo hin. Ein sehr gepflegter gut aussehender Mann, der super freundlich auf meinen Spontanbesuch reagierte und mich einlud, mir alles anzuschauen. Leider hatte er keine Zeit, aber damit hatte ich ja gar nicht gerechnet.
Auch hier sind die Türen geschlosssen und jede Kollegin stellt sich mit Fotos an der Tür vor. Aber das kennen wir ja nun schon. Und auch hier war fast nichts frei. Augsburg schient wirklich ein gutes Pflaster zum Geldverdienen zu sein.

Online Termin Buchen

Kalender / Termine