BKA Bundeslagebild Menschenhandel

Was mich daran wundert

Johanna Weber -- 18.12.2013   Themen: Gedanken Politik

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Das muss man dem BKA ja lassen - sie sind die einzigen, die überhaupt irgendwelche Zahlen zur Branche Sexarbeit liefern. Das Bundeslagebild zeigt jährlich die Fallzahlen und Entwicklungen im Bereich Menschenhandel auf. Just sind die Ergebnisse von 2012 veröffentlicht.

Dass es fast ein ganzes Jahr dauert, um die Zahlen des Vorjahres auszuwerten, will ich hier nicht kritisieren. Vor dem Hintergrund, welche Brisanz das Thema zur Zeit in der politischen Meinungsfindung hat, hätte man den Kriminalbeamten vielleicht doch ein wenig Dampf machen können. Dass dies nicht geschehen ist, liegt wahrscheinlich daran, dass die Ergebnisse eh niemanden interessieren.

Denn siehe da, der Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung ist zurück gegangen.

Selbst wenn das Ergebnis NULL gewesen wäre, hätten alle gesagt, dass dies so nicht stimme, da es sich dabei um eine exorbitant hohe Dunkelziffer handeln würde. Dass dabei das Wort Dunkelfeld nur als Metapher fungiert, wird deutlich wenn man nach der dazugehörigen Dunkelfeldstudie fragt. Die gibt es nicht, und es wurde auch noch nie ernsthaft in Erwägung gezogen eine solche Studie anfertigen zu lassen.

Kommen wir nun zu den Zahlen:
Opferzahlen leicht gesunken.
Im Jahr 2012 wurden 612 Opfer des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung ermittelt, knapp 5 % weniger als im Vorjahr.1)
5% weniger!!! Das sollte doch ein Grund zur Freude sein. Aber nein, die einzige wirklich haltbare Zahl, die es zu diesem Themenbereich überhaupt gibt, wird von Prostitutionsgegnern als nicht relevant eingestuft.

Phantasiezahlen und Horrorszenarien allerdings werden nicht in Frage gestellt, wenn sie denn das schlimme Bild über unsere Branche in den Köpfen bestätigen.

Sachlich betrachtet könnte einem ja auch die geringe Zahl von 612 Opfern zu denken geben gemessen an der geschätzten Zahl von 60.000 bis 200.000 Prostituierten, von der seriöse Studien sprechen. Könnte es sein, dass es vielleicht gar nicht so viele Opfer gibt, und die meisten sich tatsächlich bewußt für eine Tätigkeit in der Sexarbeit entschieden haben?
Schade, dass die wenigsten Menschen so weit denken.

Grundsätzlich werden ja Behauptungen aus Polizeikreisen nicht in Frage gestellt. So habe auch ich lange nicht gewagt an der These zu rütteln, dass Menschenhandel ein Kontrolldelikt ist. Ich habe mich nur immer leise gefragt WARUM? Wenn überall von einer unendlichen großen Dunkelziffer gesprochen wird, dann können die Kontrollen ja nicht viele Delikte aufdecken.

Dazu möchte ich sagen, dass es wohl kaum eine Branche gibt, die so oft kontrolliert wird wie unsere.

Und das, obwohl immer gleiche Polizisten in Talk-Shows gerne die Mär erzählen, dass sie keine Möglichkeiten zu Kontrollen haben und ihnen die Hände gebunden sind.

Das Bundeslagebild sagt dazu: 1)
Menschenhandel ist ein Kontrolldelikt, Opfer vertrauen sich der Polizei nicht so häufig an. Zur Erhellung des Dunkelfelds beim Menschenhandel sind daher polizeiliche Kontrollmaßnahmen bedeutsam.
Hier könnte man schon stutzig werden, denn wenn die Opfer sich der Polizei also nicht anvertrauen, was sollen sie denn bei Kontrollen auffallen? Wie der Lagebericht selber sagt, stammen 90% der Opfer aus Europa und diese sind somit legal in Deutschland. Wie erkennt man denn ob eine Person sich selber für die Prostitution entschieden hat oder nicht?

Erfreulicherweise demontiert sich das Bundeslagebild dann aber gleich selber.

Ordnungsgemäß wird aufgelistet, wie wenige der genannten Menschenhandelsfälle durch anlassunabhänige Kontrollen der Polizei aufgedeckt wurden 1): ... resultierte bei den Verfahren des Jahres 2012 in 271 Fällen (55 %) aus polizeilichen Maßnahmen, die in 155 Fällen aufgrund von Hinweisen oder Anzeigen erfolgten. In 116 Fällen ging die Polizei eigeninitiativ oder anlassunabhängig vor.
Kontaktaufnahme durch Opfer/Opferbetreuung
In 199 Fällen (41 %) wurde der Kontakt durch das Opfer initiiert. Dabei erschienen die Opfer entweder allein (101 Fälle), in Begleitung von Betreuern von Fachberatungsstellen (24) oder in Begleitung sonstiger Dritter wie beispielsweise von anderen Prostituierten oder Freiern (74).


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