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Sehr geehrter Herr Merz,
weil immer wieder das Thema Sexkaufverbot im Bundestag aufkommt, möchte ich Ihnen, als Parteivorsitzender der CDU und Kanzlerkandidat, meine Haltung schildern.
Ich bin dagegen, weil es die Lage der Sexarbeitenden enorm verschlechtert, beispielsweise steigert es die Stigmatisierung.
Außerdem können zwei oder mehrere Sexarbeitende nicht mehr zusammenarbeiten, weil sie der gegenseitigen Zuhälterei beschuldigt werden. Ersteres ist aber für die Sicherheit sehr wichtig.
Weiterhin verlieren sie durch das damit verbundene Verbot von Prostitutionsstätten ihre sicheren Arbeitsplätze.
Diese Informationen habe ich der Amnesty International entnommen.
Hier können Sie es genau nachlesen:
https://www.amnesty.ch/irland/sexkaufverbot-gefaehrdet-sicherheit-von-sexarbeit
Auch weitere Menschenrechtsorganisationen, wie zum Beispiel das Deutsche Institut für Menschenrechte, das UN-Menschenrechtsbüro oder der Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Köln (SkF) sind gegen ein Sexkaufverbot.
Hier finden Sie sämtliche Organisationen aufgelistet:
www.berufsverband-sexarbeit.de/liste-bedeutender-organisationen-gegen-das-sexkaufverbot
Auch die GdP-Frauen (Gewerkschaft der Polizei) sind gegen ein Sexkaufverbot, weil ein solches die Sexarbeit nur in das kriminelle Milieu verlagert. Die GdP fordert die Unterscheidung zwischen freiwilliger Sexarbeit und Zwangsprostitution. Jedoch kann Zwangsprostitution im Dunkelfeld, was bei einem Sexkaufverbot der Fall wäre, viel schwerer aufgedeckt werden als bei einer Entkriminalisierung.
Genauer können Sie es hier nachlesen:
https://dp-digital.gdp.de/article
Zudem gibt es für die Zahl von 95 Prozent Zwangsprostituierten, wie sie die Sexkaufgegner behaupten, keine Belege. Im Bundeslagebild 2023, herausgegeben vom Bundeskriminalamt, ist in Kapitel 2.1 zu entnehmen, dass es 2023 299 Ermittlungsverfahren und 406 Opfer zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung gab. Selbstverständlich sind das 406 Opfer zu viel, aber bei 30.600 registrierten Prostituierten im Jahr 2023 sind das niemals 95 Prozent.
Weiterhin ist seit dem Inkrafttreten des Prostituiertengesetzes Sexarbeit nicht mehr sittenwidrig und steht somit unter dem Schutz von Art. 12 GG (vgl. BVerfG, Beschluss v. 28.04.2009 -1 BvR 224/07). Ein Sexkaufverbot würde die Freiheit der Berufswahl nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG verletzen.
Genaueres dazu schreibt eine Fachanwältin für Strafrecht hier:
www.bundestag.de/resource
Das ist die Entkriminalisierung der Sexarbeit und bitte Sie daher die Unterstützung des Sexkaufverbots aus dem Grundsatzprogramm ihrer Partei zu nehmen.
MfG Stefan Stahmer (Name geändert)
ANTWORT aus dem Büro von Herrrn Merz:
Sehr geehrter Stahmer,
vielen Dank für Ihre Zuschrift an den Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Friedrich Merz, auf die wir in seinem Auftrag gerne antworten.
Die Unionsfraktion hat Ende des vergangenen Jahres ein Positionspapier zur Neuausrichtung der Prostitutionspolitik verabschiedet. Wir wollen die bisher gemachten Erfahrungen in anderen europäischen Staaten nutzen, um das bereits etablierte sogenannte „Nordische Modell“ zu einem nationalen Modell für Deutschland weiterzuentwickeln. Dafür wollen wir ein Dreisäulenmodell einführen, das Präventions- und Ausstiegsangebote fördert, die Bestrafung des Sexkaufs etabliert sowie die Durchsetzungsautorität von Verwaltungs- und Vollzugsorganen stärkt.
Das Positionspapier finden Sie hier:
https://www.cducsu.de/sites/default/files/2023-11/Positionspapier%20Sexkauf%20bestrafen.pdf
Darauf aufbauend haben wir den Antrag „Menschenunwürdige Zustände in der Prostitution beenden – Sexkauf bestrafen“ (BT-Drs. 20/10384; https://dserver.bundestag.de/btd/20/103/2010384.pdf) in den Deutschen Bundestag eingebracht.
Der Bundestagsausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat zu diesem Antrag am 23. September 2024 eine Expertenanhörung durchgeführt. Die Sachverständigen haben nicht nur das häufig vorgebrachte Argument, dass ein Sexkaufverbot die Prostitution lediglich ins Dunkelfeld verlagern würde, überzeugend widerlegt, denn dort ist sie längst. Sie haben vor allem aufgezeigt, wie die derzeit legalen Strukturen Gewalt, Zuhälterei und Menschenhandel regelrecht Vorschub leisten, statt Menschen in und vor der Prostitution zu schützen. Die Ressourcen unserer Ermittlungsbehörden reichen hier hinten und vorne nicht aus. Und die Schilderungen von Alltagssituationen von Prostituierten durch Betroffene und Experten sind schwer erträglich. Wer sie gehört hat, muss spätestens jetzt erkennen, dass das Narrativ vom freiwillig ausgeübten Beruf in den allermeisten Fällen ein Märchen ist. Die Frauen sind innerhalb des legalen Machtgefälles in Deutschland faktisch ihren Peinigern schutzlos ausgeliefert. Die Missstände und vor allem deren Verharmlosung durch diejenigen, die von dem Geschäft mit Frauenkörpern profitieren, sind für uns als CDU/CSU-Bundestagsfraktion nicht hinnehmbar. Ein grundlegender Kurswechsel duldet nun keinen Aufschub und keine Ausreden mehr. Prostitution wird es immer geben, aber mit einem Sexkaufverbot in viel kleinerem Umfang, mit mehr Rechten und Schutz für die Betroffenen und einer deutlichen Vereinfachung der Ermittlungsarbeit der Strafverfolgungsbehörden.
Wir wollen die in anderen europäischen Staaten gemachten Erfahrungen nutzen und das sogenannte ‚Nordische Modell‘, also die Bestrafung des Sexkaufs, zu einem von Prävention und attraktiven Ausstiegsangeboten begleiteten nationalen Modell für Deutschland weiterentwickeln.
Sehr geehrter Herr Stahmer, auch wenn wir Ihre Auffassung und Kritikpunkte nicht teilen, hoffen wir, Ihnen mit diesen Informationen und Argumenten unsere Haltung in dieser Frage noch einmal erläutert zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Team Bürgerkommunikation
Die neugegründete "Initiative Kundschaft PRO Sexarbeit" setzt sich zusammen aus verschiedensten Menschen, die Sexarbeit in Anspruch nehmen. Es sind mittlerweile über 100 Engagierte, denen ein respektvoller Umgang mit Sexarbeitenden selbstverständlich ist.
Ihr Motor ist der Einsatz gegen eine Einführung des nordischen Modells in Deutschland.
Hier weitere Infos und Kontatdaten für Interessierte am Mitmachen:
https://kundschaft-sexarbeit.de/