Jugendschutzgesetz für Sexarbeits-Texte

Wie schreibt man jugendfrei?

Johanna Weber -- 03.11.2017   Themen: Politik

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Die meisten Kolleginnen, die selber Werbetexte verfassen oder sogar eine eigene Webseite haben, sind wahrscheinlich bei den ersten Schreibversuchen schier verzweifelt wegen der Jugendschutzbestimmungen. Es kommt einem so vor als ob man gar nichts erwähnen darf und jedes passende Wort verboten ist.

Wie soll man denn eine Dienstleistung bewerben, wenn man sie nicht benennen darf?

Ja, das erscheint zu Beginn schwierig, ist aber nicht unmöglich und kein Hexenwerk. Wenn man die Mechanismen für Jugendschutz erst Mal durchschaut hat, dann kommt man wirklich ganz gut zurecht. Grund dafür ist, dass Deutschland ein sehr strenges Jugendschutzgesetz (JuSchG) hat. Dabei geht der Gesetzgeber davon aus, dass Anzeigen für "Sex gegen Geld" Kindern unter 16 Jahren ein falsches Bild von Sexualität vermitteln. Ob dies gut oder schlecht ist, möchte ich hier nicht diskutieren. Mir geht es um ein Umgehen damit.

Die mit Jungendschutz beauftragte Behörde, Jugendschutz.net, erklärt:

„Mittlerweile hat die Prostitution zwar einen gewissen Grad der gesellschaftlichen Akzeptanz erreicht. Geduldet werden jedoch werbende Massnahmen in diesem Bereich nur, wenn diese sich auf eine sachliche Darstellung der Dienstleistung beschränken und dabei jede grob-anstössige Formulierung oder Abbildung vermeiden.“

Wirklich schlauer ist man nun auch nicht, oder?

Ich selber habe mir am Anfang die Brücke gebaut, dass ich bei allen Texten an „Sendung mit der Maus“ gedacht habe.

Der kleine Elefant müßte unseren Werbetext den Kindern vor dem Fernseher vorlesen können. Wie aber formuliert man derart entschärft ohne die eigentliche Zielgruppe aus den Augen zu verliehren?

Grundsätzlich ist es bei Werbetexten immer gut, keine akademischen Bandwurmsätze zu bilden, sondern die „14-Worte-Regel“ aus der Boulevardpresse zu berücksichtigen. Sätze, die länger sind als vierzehn Wörter, lassen sich nicht mehr nebenbei und auf die Schnelle verstehen. Eine Werbetext oder Blogbeitrag soll ja flüssig lesbar sein und Spaß machen, statt als anstrengend empfunden werden.

Kommen wir nun zu den Inhalten und zur „Sendung mit der Maus“. Das Jugendschutzgesetz sagt, dass sexuelle Vorgänge nicht selbstzweckhaft und ohne nachvollziehbaren Handlungskontext präsentiert werden dürfen. Was heißt das? Wenn man einfach perverse und geile Schlagwörter oder Kurzsätze aneinanderreiht oder von einem Extrem zum Nächsten kommt, dann kann das für manche Kundengruppe exakt die richtige Werbebotschaft sein. Leider ist das nicht jugendfrei. Man muss sich also die Mühe machen das ganze in komplette Sätze zu packen und auch einen Zusammenhang zu erstellen oder eine Geschichte draus zu machen. Das ist gar nicht so schwer, und die Werbung sieht dann auch niveauvoller aus.



Nicht: „Willige An*l-St* te wartet auf dich“

sondern: „Alles was mit meinem Po zu tun hat, regt mich sehr an.“
Mittlerweile geht auch ein dezent eingesetzes Wort ANAL durch. Allerdigns nur, wenn das Wort nicht in eine erotische Beschreibung eingebunden ist.
Z.B. "Im Anal-Bereich bin ich sehr lustvoll."



Nicht: „Immerg**e Nym**omanin“

sondern: „Du willst nicht lange drum rum reden, sondern gleich zur Sache kommen? Du wünscht dir eine Frau, die zu ihren verdorbenen Neigungen steht und richtig mit geht?“



Mehr Beispiele möchte ich hier nicht geben, denn damit komme ich im Zweifelsfall in Teufels Küche. Werdet da Mal selber kreativ.

Man muss sich einfach Gedanken machen, was denn hinter den Schlagwörtern steht, die man gerne benutzen würde, und das versuchen elegant zu umschreiben. Man kann sich auch fragen, was möchte ich beim Kunden auslösen, und genauer versuchen exakt diese Phantasien im Text anzusprechen. Die Phantasie des Kunden muss in die richtige erotische Richtung geleitet werden aber nicht direkt angesprochen werden.

Es muss immer so sein, dass Kinder und Jugendliche, die ja nicht das Vorwissen haben wie der Kunde, den Text als nicht ungewöhnlich oder verwirrend empfinden.

Die Sache mit den Sternchen ist übrigens auch nicht 100%ig sicher. Sobald das böse Wort noch relativ eindeutig zu erkennen ist, bringt das auch nichts. Ich selber finde diese Texte mit Sternchen ja eher abturnend und ein wenig billig, aber das sehen manche auch anders.

Schön sind immer Geschichten, in denen das Kopfkino angesprochen wird:

„Ich gucke ab und an schmutzige Filmchen. Besonders toll finde ich Filme, in denen die Frau in einem noblem Hotelzimmer nackt auf dem Bett liegt und ein Gläschen Sekt trinkt. Dann geht die Tür auf und ein sehr attraktiver Mann hat sich im Zimmer geirrt. Die Frau geniert sich gar nicht, sondern lädt den jungen Mann zum Sekt ein.....“

oder

„Ich gehe alleine im Wald spazieren. Es ist wunderschönes Wetter und eine große Moosfläche lädt mich zum Verweilen ein. Ich mache es mit gemütlich und will das weiche Moos an meiner Haut spüren..... dann kommt natürlich der Oberförster, und es wird ganz hart zwischen seinen Beinen....und so weiter.....“

Welche Wörter dürfen benutzt werden und welche nicht?

Wunderbar als Hilfestellung ist dabei die Berliner Liste des Rechtsanwalts Marco Dörre. Man muss allerdings wissen, dass diese Liste schon ein Paar Tage älter ist und es eh keine pauschal verbotenen Wörter gibt. Es kommt immer auf den Kontext drauf an. Wenn im Gesamtzusammenhang dann ein super harmloser Waldspaziergang beschreiben wird, dann darf dort auch Mal ein wenig „Natursekt“ fließen.

Die von Dörre genannten Wörter gelten aber als problematisch. Da sollten dann schon die Alarmglocken läuten, und Dörre hat ja auch gute Alternativen aufgezählt.

Man muss ein gewisses Feingefühl entwickeln, dann geht es.

Von unserem Berufsverband bieten wir Unterstützung zu diesem Thema an. Es gibt eine ellenlange Webseite, die alle juristischen Feinheiten des Jugendschutzes auflistet und erklärt. HIER Infos über Jugendschutz

Jede Sexarbeits-Webseite muss einen Jugendschutzbeauftragten haben, und der BesD bietet diesen Service an.

Ich selber bin einer der Jugendschutzprüferinnen und sorge auch für die regelmäßigen Fortbildungen, der Jugendschutzbeauftragten im BesD. Wir machen für jede Webseite eine ausführliche Untersuchung auf Jugendschutzproblematiken. Weiterhin gibt es Tipps, wie das zu optimieren ist und auch wie zukünftige Neuerungen auf der Webseite gehandhabt werden sollten. Hier weitere Infos und die Möglichkeit zur Buchung

Auch übernimmt der Berufsverband die Impressumspflicht für Webseiten.

Das ist besonders interessant für Sexarbeitende, weil diese in der Regel nicht mit der eigenen Adresse auf ihrer Webseite zu finden sein wollen.
Infos dazu finden sich HIER
Buchungen HIER


Anwälte, die ich zum Thema Medienrecht und Jugendschutz empfehle, und die auch ehrenamtlich den Berufsverband beraten:

Tim Hoesmann -> www.hoesmann.eu (Medienrecht, AGBs, Abmahnungen, Bildrechte)

Marco Dörre -> www.doerre.com (Medienrecht, Strafverteidigung, Jugendschutz und Jugendschutzbeauftragter)

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