Sexworker-Film-Festival in Hamburg

...und das Kolleginnen-Frühstück

Johanna Weber -- 15.06.2012   Themen: Veranstaltung Kolleg*innen

Dass Bild zeigt das Werbelogo des Sexworkerfilmfestival 2012 in Hamburg

Es ist nun schon fast eine Woche her, dass ich auf dem Sexworker-Film-Festival war. Das bunte Hamburger Schanzenviertel bot einen würdigen Rahmen für das nicht minder farbenfohe Publikum.

Es waren erstaunlich viele Menschen dort, die mit Sexwork wirklich gar nichts zu tun hatten.

Das fand ich großartig, wobei ich eher eine größere Zahl anschaffender Frauen erwartet hätte.
Lobenswerterweise gaben sich die Veranstalterinnen alle Mühe, dass die Anwesenden in Kontakt miteinander kommen. Eine wunderbare Idee von ihnen war das Sexworker-Frühstück, welches sie kostenlos und liebevoll zusammengestellt für uns anboten. Gerne hätte ich noch mehr Sexworkerinnen dort gesehen, aber der kleine Rahmen hatte dann auch wieder den Vorteil, dass die Gespräche mehr in die Tiefe gingen und man sich besser kennenlernte. Dies ging soweit, dass wir danach alle zusammen aufbrachen und eine Studiobesichtigung bei uns im REX machten. Inhaberin, Undine, und Kollegin, Ophelia, waren auch beim Frühstück zugegen. Nicht nur die staunenden und anerkennenden Reaktionen auf unser kleines Luxus-Studio, sondern auch die Tatsache, dass ich dort solche engagierte und wunderbare Kolleginnen habe, machten mir klar in was für einer erlauchten Situation ich mich dort befinde.

Erwähnen möchte ich noch zwei extrem interessante Frühstücks-Teilnehmerinnen, von denen die eine als Domina in Berlin arbeitet. Lady Emma Steel. Ihre wunderbare Webseite lohnt auf jeden Fall einen Blick: www.lady-emma-steel.com.
Die andere hat ist weltweit als Escort-Dame unterwegs und hat nicht nur eine niveauvolle Homepage, www.arianeescort.com, sondern sogar einen hochpolitischen und teilweise recht radikalen BLOG: www.nuttenrepublik.wordpress.com.

Von den Filmen auf diesem Festival haben mich alle in verschiedener Weise angesprochen, und viele Passagen regten mich zum Nachdenken an.

Es gab zum Beispiel einen Dokumentarfilm aus Indien namens Happy Hookers, der drei junge Männer mit völlig unterschiedlichen gesellschaftlichen Hintergründen bei ihrer Arbeit als Sexworker begleitete. Sehr schön gemacht.

Erschütternd fand ich, dass alle drei nur dann mit Kondomen arbeiten, wenn der Kunde dies wünscht.

Ansonsten ist es laut Aussage des einen, Gottes Wille, wenn man krank wird. Der nächste hält sich gesund mit ausgewogener Ernährung. Und der dritte, sieht Geschlechts-Krankheiten eher als eine Sache, die für ihn ganz weit weg ist.

Sehr aufschlussreich fand ich auch einen französischen Film (Sex Workers and Proud), der Interviews mit verschiedensten Sexworkerinnen darstellte. Eine sehr eloquente und distinguierte Dame aus Brüssel erzählte, dass dies das erste Mal sei, wo ein Filmteam mit ihr reden wolle. Ansonsten sei der Kelch leider immer an ihr vorbeigegangen, denn sie würde ja anscheinend nicht das Bild der geknechteten Hure abgeben, welches die Medien gern sehen wollen.

Für mich war es wunderbar anhand dieses sehr einfühlsam gemachten Films zu sehen, wie viele extrem selbstbewußte und intelligente Frauen es in dieser Branche gibt.

Auch ein Deutscher Kurzfilm war dabei, mit dem schönen Titel, Fragments of Ava. Gezeigt wurde das Doppelleben einer jungen Prostituierten, Ava. Eine ganz normale junge Frau, die an ihrem Arbeitsplatz, dem Bordell, Besuch bekam von ihrem genauso normalen Nachbarn. Interessant war, wie die beiden mit der Situation umgingen.

Viel gelacht wurde über einen Tailändischen Stummfilm (Last Rescue in Siam), der die Diskrepanz zwischen Prostitution und Behörden auf die Schippe nimmt. Die Polizei in Begleitung von zwei Sozialarbeiterinnen rast mit ihrem Peterwagen an Mord und Totschlag, Einbrüchen und sonstigen schweren Verbrechen vorbei, um dann in einem sehr ordentlichen und gut situierten Bordell die dort arbeitenden Prostituierten aufzuschrecken.

Niederschmetternd war der zweiteilige Film, Transvestites also Cry und Angel. Eine Dokumetantion über einen jungen Homosexuallen aus Ecuador, der nach Paris ging, um dort als Sexworker zu arbeiten. Er schickte viel Geld in seine Heimat und kam nach Jahren harter Arbeit dann wieder zurück. Alle freuten sich, ihn wieder zu sehen, doch von dem Geld war nicht viel übrig geblieben, und viele klagten, warum er denn nicht mehr geschickt habe. Schlimm war dann die Szene, in der er an den Platz reiste, wo seine Familie ihm von einem Teil des Geldes ein kleines Haus bauen sollte. Es war nur Urwald an der Stelle.

Organisiert wurde das Ganze vom Verein Bildwechsel - ein engagiertes Künstlerinnennetzwerk. Die Betonung liegt dabei immer auf Frauen und Kunst, und so kam es auch zur Verknüpfung von Kunst und Sexwork.


Die erwähnten Kolleginnen sind

Lady Emma Steel, mit der ich dann das Studio LUX in Berlin gegründet habe -> https://www.lady-emma-steel.com/

Undine de Riviere, bei der ich über 6 Jahre in ihrem Studio REX gearbeitet habe -> https://bizarrlady-undine-hamburg.de/

Lady Ophelia, ist aktuell nicht in der Sexarbeit aktiv.

Auch das Studio REX in Hamburg gibt es leider nicht mehr. Es mußte schließen, weil der Mietvertrag auslief.

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