Gedanken zu Muße

Eine Hingabe, die wir fast verlernt haben

Johanna Weber -- 09.01.2012   Themen: Gedanken Genuss-SM

Das Bild zeigt entspannte Füße in einer Hängematte

Kürzlich hörte ich auf Deutschlandfunk einen Beitrag über das Thema Muße, der für mich auch viel mit meiner Arbeit als Domina zu tun hatte. Es ging in dem Radiobericht darum, ob es in der heutigen schnelllebigen Zeit, denn noch Platz für Muße gibt, und ob man sich diesen Platz nicht wieder erkämpfen sollte. Manches Mal habe ich mir diese Frage auch schon gestellt. Für mich selber habe ich diesen Punkt schon beantwortet und mich aus meinem ehemaligen Job in der ach-so-wichtigen Marktingwelt verabschiedet.

Bei meinen Kunden scheint es oft eine verdeckte Sehnsucht nach Muße und Passivität zu geben, die sie bei mir ausleben möchten.

Es sind immer weniger die devoten Neigungen, die die Menschen in meine Arme treibt, sondern der Wunsch nach angenommen werden, nach sich fallen lassen, nach nichts-machen-müssen, nach klein-sein-dürfen, nach hilflos-sein-dürfen, nach Zeit- und Ziellosigkeit. Natürlich kommen noch bizarrere Wünsche dazu, doch wenn ich Freunden von meiner Arbeit erzähle, die nicht aus der SM-Szene kommen, so muss ich ihr Bild von meinen Kunden als schmerzverzerrt wimmernde Sklaven doch gewaltig ins rechte Licht biegen.

Ist die oben beschriebene Sehnsucht eine Form von Muße? Was ist denn überhaupt Muße? Süßes Nichtstun war ein Stichwort in dem Radiobeitrag. Ja, aber das ist es nicht nur. Was sagt Wikipedia? „Mit Muße bezeichnet man die Zeit, welche eine Person nach eigenem Wunsch nutzen kann, um sich zu erquicken und zu erbauen, etwa seiner Muse oder den Musen frönend.“ Aha, da komme ich mit meinen Sessions ja schon wieder ins Spiel...

Muße hat für mich auch etwas Poetisches und etwas von Hingabe. Da ist Genuss dabei, und dafür muss man sich Zeit nehmen.

Zeit, die mittlerweile ein immer knapperes Gut wird. Zeit, die wir versuchen mit einem perfiden Zeitmanagement-System heraus zu schinden. Zeit, für die es sich - pathetisch gesagt - zu leben lohnt.

In unserer Gesellschaft wird Muße oft mit Faulheit gleichgesetzt - Sprüche wie „Müßiggang ist aller Laster Anfang“ klingen antiquiert, aber weit gefehlt. Gerade in der heutigen Zeit wird ja eher dem Burnout als der Erquickung entgegen gearbeitet. Ich weiß aus eigener Erfahrung wovon ich hier rede und beobachte dies sowohl in meinem beruflichen als auch privaten Umfeld. Nun, ich will hier keine Predigt halten. Apropos Predigt - im Mittelalter galt dem europäischen Mönchtum die Muße als eine der sieben Hauptlaster.

Für Laster bin ich natürlich zuständig... Und so lasset uns denn wieder mehr Momente für Muße und Laster schaffen.

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